Klage über das menschliche Dasein, über sein Los und über Gottes Unbarmherzigkeit - Bitte an Gott um Schonung
1Hat der Mensch nicht einen harten Dienst auf Erden, und sind seine Tage nicht wie die Tage eines Tagelöhners?(Hiob 14.6)2Wie ein Knecht, der sich nach dem Schatten sehnt, und wie ein Tagelöhner, der seines Lohnes harrt,3so sind mir zuteil geworden Monde der Nichtigkeit, und Nächte der Mühsal mir zugezählt.4Wenn ich mich niederlege, so spreche ich: Wann werde ich aufstehen? und der Abend dehnt sich hin, und ich werde des Umherwerfens satt bis zur Dämmerung.5Mein Fleisch ist bekleidet mit Gewürm und Erdkrusten, meine Haut zieht sich zusammen und eitert.6Meine Tage gleiten schneller dahin als ein Weberschiffchen, und schwinden ohne Hoffnung.(Jesaja 38.12)7Gedenke, daß mein Leben ein Hauch ist! Nicht wird mein Auge das Glück wiedersehen.8Nicht mehr wird mich schauen das Auge des mich Sehenden; richtest du deine Augen auf mich, so bin ich nicht mehr.9Die Wolke schwindet und fährt dahin; so steigt, wer in den Scheol hinabfährt, nicht wieder herauf.10Nicht mehr kehrt er zurück zu seinem Hause, und seine Stätte erkennt ihn nicht mehr.(Hiob 10.21)(Hiob 14.10-12)(Hiob 16.22)(Psalm 103.16)11So will auch ich meinen Mund nicht zurückhalten, will reden in der Bedrängnis meines Geistes, will klagen in der Bitterkeit meiner Seele.12Bin ich ein Meer, oder ein Seeungeheuer, daß du eine Wache wider mich aufstellst?13Wenn ich sage: Trösten wird mich mein Bett, mein Lager wird tragen helfen meine Klage,14so erschreckst du mich mit Träumen, und durch Gesichte ängstigst du mich,15so daß meine Seele Erstickung vorzieht, den Tod lieber wählt als meine Gebeine.16Ich bin's überdrüssig - nicht ewiglich werde ich ja leben: Laß ab von mir! denn ein Hauch sind meine Tage.(1. Könige 19.4)17Was ist der Mensch, daß du ihn hochhältst, und daß du dein Herz auf ihn richtest,(Hiob 14.1-5)(Psalm 8.5)18und alle Morgen ihn heimsuchst, alle Augenblicke ihn prüfst?19Wie lange willst du nicht von mir wegblicken, nicht von mir ablassen, bis ich meinen Speichel verschlucke?20Habe ich gesündigt, was tat ich dir an, du Beobachter der Menschen? Warum hast du mich dir zum Angriffspunkt gesetzt, daß ich mir selbst zur Last geworden bin?21Und warum vergibst du nicht meine Übertretung und lässest nicht vorübergehen meine Missetat? Denn nun werde ich in den Staub mich legen, und suchst du nach mir, so bin ich nicht mehr.
Jeremia wird in die Zisterne geworfen und später befreit
1Sephatja aber, der Sohn Mattans, und Gedalja, der Sohn Paschhurs, und Juchal, der Sohn Selemjas, und Paschhur, der Sohn Malkijas, hörten die Worte, welche Jeremia zu dem ganzen Volke redete, indem er sprach:(Jeremia 21.1)2So spricht der HERR: Wer in dieser Stadt bleibt, der muß sterben durch Schwert, Hungersnot oder Pest; wer aber zu den Chaldäern hinausgeht, der soll am Leben bleiben, seine Seele als Beute davontragen und leben!(Jeremia 21.9)3So spricht der HERR: Diese Stadt wird ganz gewiß in die Hand des Heeres des babylonischen Königs gegeben werden, und er wird sie einnehmen!4Da sprachen die Fürsten zum König: Diesen Mann sollte man doch töten; denn damit bewirkt er nur, daß die in der Stadt noch übriggebliebenen Kriegsleute und alles Volk die Hände sinken lassen, weil er solche Worte an sie richtet; denn dieser Mensch sucht nicht das Wohl dieses Volkes, sondern sein Unglück!(Amos 7.10)5Da antwortete der König Zedekia: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts wider euch!6Da nahmen sie Jeremia und warfen ihn in die Zisterne des Königssohnes Malkija, welche sich im Wachthofe befand; und sie ließen ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne aber war kein Wasser, sondern nur Schlamm; und Jeremia sank in den Schlamm.7Als aber Ebed-Melech, der Mohr, ein Kämmerer am Königshofe, vernahm, daß man Jeremia in die Zisterne geworfen hatte (der König saß gerade im Tore Benjamin),(Jeremia 39.16)8verließ Ebed-Melech den königlichen Palast und redete mit dem König und sprach:9Mein Herr und König, jene Männer haben unrecht getan, daß sie den Propheten Jeremia in die Zisterne geworfen haben, so daß er dort unten Hungers sterben muß; denn es ist kein Brot mehr in der Stadt!10Da befahl der König dem Mohren Ebed-Melech: Nimm dir von hier dreißig Männer zu Hilfe und ziehe den Propheten Jeremia aus der Zisterne, bevor er stirbt!11Da nahm Ebed-Melech die Männer mit sich und ging zum Palast und nahm aus dem Raum unter der Schatzkammer alte Lumpen und abgetragene, zerrissene Kleider und ließ sie an Stricken zu Jeremia in die Zisterne hinunter.12Und Ebed-Melech, der Mohr, sprach zu Jeremia: Lege doch die alten Lumpen und Kleider zwischen deine Achselhöhlen und die Stricke! Und Jeremia tat also.13Da zogen sie Jeremia an den Stricken aus der Zisterne herauf, und Jeremia blieb im Wachthofe.
König Zedekia spricht mit Jeremia
14Der König Zedekia aber sandte hin und ließ den Propheten Jeremia zu sich holen in den dritten Eingang am Hause des HERRN; und der König sprach zu Jeremia: Ich will dich etwas fragen; verhehle mir nichts!15Jeremia antwortete dem Zedekia: Sage ich dir etwas, so tötest du mich; rate ich dir aber, so folgst du mir nicht!16Da schwur der König Zedekia dem Jeremia insgeheim und sprach: So wahr der HERR lebt, der uns diese Seele erschaffen hat, ich werde dich nicht töten, noch dich in die Hände der Männer geben, die nach deinem Leben trachten!(Jeremia 38.4-5)17Da sprach Jeremia zu Zedekia: So spricht der HERR, der Gott der Heerscharen, der Gott Israels: Wenn du freiwillig zu den Fürsten des babylonischen Königs hinausgehst, so sollst du am Leben bleiben, dann soll auch diese Stadt nicht mit Feuer verbrannt werden, und du sollst samt deinem Hause am Leben bleiben;18wenn du aber nicht zu den Fürsten des babylonischen Königs hinausgehst, so wird diese Stadt in die Hand der Chaldäer gegeben und mit Feuer verbrannt werden, und du wirst ihren Händen nicht entrinnen!19Da antwortete der König Zedekia dem Jeremia: «Ich fürchte die Juden, die zu den Chaldäern übergelaufen sind; man könnte mich ihnen ausliefern, daß sie mich verspotten!»20Jeremia antwortete: Man wird dich ihnen nicht ausliefern! Gehorche doch der Stimme des HERRN in dem, was ich dir sage, so wird es dir wohl ergehen und du wirst am Leben bleiben!21Weigerst du dich aber hinauszugehen, so hat mir der HERR für diesen Fall das Wort geoffenbart:22Siehe, alle Frauen, die noch im Palast des Königs von Juda übriggeblieben sind, sollen zu den Fürsten des babylonischen Königs hinausgeführt werden, und sie werden jammern: «Deine guten Freunde haben dich verführt und überwältigt; als dein Fuß im Schlamm versank, haben sie sich zurückgezogen!»(Jeremia 6.14)23Alsdann müssen alle deine Frauen und alle deine Kinder zu den Chaldäern hinausgehen, und auch du wirst ihren Händen nicht entrinnen, sondern von der Hand des babylonischen Königs erfaßt werden, und diese Stadt wird man mit Feuer verbrennen.(Jeremia 32.4)(Jeremia 34.3)24Da sprach Zedekia zu Jeremia: Niemand darf etwas von diesen Worten erfahren, sonst mußt du sterben!25Sollten aber die Fürsten erfahren, daß ich mit dir geredet habe, und zu dir kommen und dir sagen: «Tue uns kund, was du mit dem König geredet hast, verhehle uns nichts, so wollen wir dich nicht töten, und was hat der König zu dir gesagt?» so antworte ihnen:26Ich habe den König angefleht, mich nicht wieder in das Haus Jonatans bringen zu lassen, damit ich nicht daselbst sterbe.27Als nun die Fürsten zu Jeremia kamen und ihn fragten, gab er ihnen Bescheid, wie der König ihm befohlen hatte; da ließen sie ihn in Ruhe; denn es hatte niemand etwas gehört.28Jeremia aber blieb im Hofe des Gefängnisses bis zu dem Tage, an dem Jerusalem eingenommen wurde.(Jeremia 37.21)